In diesem Blogbeitrag möchte ich auf Eustress sowie Distress und deren Auswirkungen in psychischer sowie physischer Hinsicht auf unsere Hunde eingehen.
Eustress „positiver Stress“ = Reiz/Situation wird als Herausforderung empfunden, aber gemeistert, dadurch steigt die Motivation/das Engagement.
Distress „negativer Stress“ = Hund scheitert an der Herausforderung und u. U. wird zusätzlich die Situation/der Reiz als bedrohlich bzw. leidvoll empfunden.
Was ist Stress überhaupt?
Im Duden stehen zwei Bedeutungen: „erhöhte Beanspruchung, Belastung physischer oder psychischer Art“ und „Ärger“.
Ständiger Stress und eine gewisse Reizüberflutung sind in unserer heutigen schnelllebigen Zeit überall anzutreffen. Unsere Hunde, aber auch wir als Halter/innen sind diesem ausgesetzt. Gewöhnlich kann der Körper von Stress auf Entspannung wechseln. Schlaf dient beispielsweise der Erholung. Leider funktioniert aber dieser Wechsel bei vielen Menschen wie auch Hunden nicht mehr. Die Folge: Mensch sowie Tier werden auf Dauer kränklich. Ist der Mensch gestresst so auch meist der Vierbeiner und umgekehrt (Stimmungsübertragung). Sehr oft begünstigt Stress Problemverhalten bzw. löst dieses aus, behandelt man den Stress, so wird meist auch das behoben.
Ob ein Reiz/eine Situation als Eustress oder Distress emfpfunden wird, hängt vom jeweiligen Vierbeiner ab. Dieser bewertet den Stress entweder als Motivation, sofern er diesen bewältigen kann. Hier muss er eine sog. „Coping-Strategie“ (Bewältigungsstrategie) kennen. Ist die Bewältigung des Reizes/der Situation allerdings auswegslos, löst u. U. noch Angst/Unsicherheit aus, wird dies automatisch von unserem Pfotenfreund als negativ empfunden. Ist der negative Stress (Distress) von längerer Dauer, so wirkt sich dieser fatal auf die Gesundheit der Fellnase aus.
Beispiel:
Ein Hund, der das Autofahren von Anfang an als positiv empfunden und vielleicht noch mit tollen Erlebnissen (erlebnisreicher Spaziergang, neue Orte kennenlernen) verknüpfen konnte, empfindet Eustress. Für einen Vierbeiner beispielsweise aus einem illegalen Tierhandel, der auf der Fahrt nach Deutschland eingesperrt in einer viel zu engen Box im dunklen Kofferraum mit mehreren ängstlichen Hunden ohne Futter/Wasser über Stunden/Tage saß, erlebt diese Reise verständlicherweise als äußerst negativ und beängstigend. Für ihn wird das Autofahren höchstwahrscheinlich in Zukunft eine Qual werden und man muss viel Liebe und Geduld investieren, um den Stress für ihn zu reduzieren bzw. erträglich zu gestalten.
Der Grundpfeiler für das Empfinden von Stress wird in der Regel beim jeweiligen Hund in der Welpenzeit zwischen dritter und einschl. fünfter Lebenswoche gelegt. Alle Reize, die der Welpe in dieser Phase als neutral bzw. positiv wahrnimmt, wird er auch später so sehen und sich nicht ängstlich fühlen. Unliebsame Erfahrungen werden ihn dagegen höchst wahrscheinlich negativ prägen.
Was passiert, wenn der Hund Stress empfindet?
Es werden Adrenalin und Noradrenalin massiv ausgeschüttet, darüber hinaus das Stresshormon Cortisol. Dadurch wird Energie bereitgestellt, die Frequenz des Herzens und der Blutdruck steigen an, die Muskeln werden mehr durchblutet, Bronchien erweitert, die Aufnahme von Sauerstoff wird verbessert. Durch die zunehmende Atemfrequenz, die Erhöhung der Körpertemperatur fängt der Vierbeiner vermehrt das Hecheln an.
Ursächlich für die Körperreaktionen ist der sog. Sympathikus (Teil des vegetativen Nervensystems), welcher seinen zentralen Sitz im Rückenmark hat. Der Sympathikus aktiviert notwendige Energie, um in einer Notfallsituation reagieren zu können (entweder mit Kampf oder Flucht).
Der Parasympathikus (weiterer Teil des vegetativen Nervensystems) ist der sog. Gegenpool zum Sympathikus. Er ist zuständig für Ruhe und Erholung. Ist die Gefahr vorüber (z. B. Erzfeind um die Ecke), verlangsamt er die Atmung sowie den Herzschlag, verengt die Herzkranzgefäße und Bronchien, der Blutdruck sinkt und die Darmmotorik startet wieder.
Was ist aber, wenn der Stress chronisch wird?
Häufig auftretende und belastbare Situationen führen zu erheblichen Folgen für die Organsysteme. Chronische Erkrankungen bzw. Krebs sind oft das Fazit. Außerdem wird auch die Psyche in Mitleidenschaft gezogen, Depressionen, Angstattacken, Aggressionen, Hilflosigkeit bis hin zu Selbstverletzungen sind das Ergebnis. Der Hund wird immer heftiger auf den Stress reagieren, so dass das Hormon Cortisol auf hohem Level bleibt und bei jedem erneuten Stressor ansteigt. Folge: Im Gehirn finden Langzeitveränderungen statt – Enstehung des sog. Stressgedächtnisses.
Faktoren, die Einfluss auf das Stressempfinden haben können:
- Die Gene des Hundes spielen eine große Rolle, wie er mit Stress umgeht.
- Mutterhündin – ist diese bereits während der Trächtigkeit großem Stress ausgesetzt, überträgt sich dieser auf ihre Föten/Welpen.
- Frühentwicklung: Der Umgang mit den Welpen beim Züchter ist entscheidend, wie sie später Reize bewerten und damit umgehen – auch nicht zu vergessen, wie die Mutterhündin ihre Welpen großzieht.
- Sozialisierung: Hunde sollten so gut wie möglich an Menschen, Artgenossen, andere Tiere gewöhnt werden, ebenfalls versch. Situationen kennen lernen. Sie sollten lernen, wie sie mit wem/was umgehen…
- Es sollten regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Tierarzt durchgeführt werden, denn Krankheiten/Verletzungen können ebenfalls Stressauslöser sein bzw. Stress verschlimmern.
Wie kann ich als Halter/in Stress bei meinem Vierbeiner erkennen?
Zunächst einmal möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass jeder Hund anders mit Stress umgeht, folglich sind auch die Stressanzeichen individuell, sie können einzeln oder kombiniert gezeigt werden.
Beispiele:
- Körperhaltung geduckt
- Speichelfluss
- nach hinten/oben gezogene Ohren
- weit aufgerissene Augen
- Hyperaktivität
- Magen-Darm-Probleme (Gastritis, Durchfall etc.)
- vermehrter Einsatz von Beschwichtigungssignalen (Gähnen, Nase lecken…)
- Übersprungshandlungen (in die Leine beißen…)
- Lautäußerungen (Bellen, Fiepen…)
- erhöhte Ängstlichkeit
- übersteigerte Aggression
- Selbstverletzung (Pfoten beißen, Schwanz jagen/knabbern…)
- Zittern, Schütteln, Kratzen…
- Haarverlust i. V. m. Schuppenbildung uvm.
Wie kann ich als Halter/in Stress vermeiden?
Zunächst sollte man die Körpersprache des Hundes lesen lernen, um schnellstmöglich Stressanzeichen zu erkennen und dann natürlich vermeiden zu können. Der Hund sollte nie überfordert werden, sondern nur in Situationen gebracht werden, die er ohne Probleme meistern kann. An neue Reize/Situationen sollte der Vierbeiner langsam herangeführt werden. Als Halter/in sollten wir immer fair sein, positiv und gewaltfrei trainieren/erziehen. Zudem helfen ausreichende Ruhephasen, die in den Tagesablauf eingebaut werden, damit der Hund Erlebtes/Erlerntes gut verarbeiten und sich altersentsprechend erholen kann.
Dauerhafter Stress macht auf lange Sicht krank und beeinträchtigt die Lebensqualität.
Solltest Du einen Pfotenfreund an Deiner Seite haben, der zunehmend gestresst wirkt und/oder kaum Ruhe findet, so hole Dir bitte professionelle Hilfe.
Wünsche eine schöne Woche, bis bald!
Franzi