Der/die will nur…

spielen, Hallo sagen, schnüffeln… Der/die freut sich bzw. tut nichts.

Wer kennt diese oder ähnliche Aussagen nicht?

Bittet man den Hundehalter seinen Hund zurückzurufen, anzuleinen bzw. nicht an den eigenen Hund heranzulassen wird man beäugt als wäre man verrückt.

Warum ich den Sozialkontakt an der Leine für schwierig erachte?

1. Kommunikation unter Hunden

Die Hunde können nicht adäquat kommunizieren, werden massiv eingeschränkt. Beobachtet man Hunde bei Begegnungen im Freilauf nähern sie sich vorsichtig, checken erst einmal das Gegenüber ab etc. Ein Rückzug ist an der Leine unmöglich, die Hunde werden gezwungen miteinander Kontakt aufzunehmen, obwohl sie es vielleicht nicht wollen.

Kann der Vierbeiner nur eingeschränkt kommunizieren, sich nicht deeskalierend verhalten, kann es auch zu einem aggressiven Verhalten kommen. Schlechte Begegnungen bzw. sogar das Hineinbrettern in andere Artgenossen kann sog. Leinenaggression auslösen. Der angegriffene Hund vertraut irgendwann seinem Menschen nicht mehr, weil er ihn vor nicht gewollten Angriffen nicht schützen kann.

Sätze: „Ach herje, der wollte ja nur Hallo sagen, der hat sich gefreut, ja mit dem Schwanz gewedelt, dass das jetzt so endet, hätte ich nie gedacht!“

Hier möchte ich nochmals deutlich darauf aufmerksam machen, dass:

Das Wedeln zeigt, dass ein Hund erregt bzw. aufgeregt ist. Natürlich kann dies aus Freude geschehen, aber auch aufgrund Unsicherheit.

2. Die Fellnase zieht

Sehr selten sehe ich entspannte Begegnungen, wenn sich die Fellnasen an der Leine befinden. Außer die Hunde kennen sich schon länger und gehen regelmäßig miteinander spazieren.

Durch den Zug auf der Leine lernt der Vierbeiner, er muss sich nur ordentlich anstrengen, dem Frauchen/Herrchen geht irgendwann die Puste aus und Yippie ey, er kommt zu seinem Artgenossen. Wie soll der arme Tropf dann verstehen, wenn er mal nicht zum Gegenüber darf?

3. Sicherheit

Eigentlich sollte sich der Vierbeiner auf seinen Menschen in jeder Situation verlassen, ihn vertrauen können. Wir Zweibeiner sollten unsere Hunde beschützen und nicht umgekehrt. Ziel eines Hundehalters darüber hinaus ist doch, dass er entspannt mit dem Hund spazieren gehen kann, also auch Hundebegegnungen ohne Aufregung stattfinden. Der große Schlüssel heißt hier: Verantwortung für den Pfotenfreund übernehmen und ihn nicht an die Front schicken!

Der Leinenradius sollte die Sicherheitszone für den eigenen Hund sein, er sollte wissen, dass ihm nichts passiert und man sich kümmert, die Situation regelt.

4. Verletzungsgefahr

Natürlich birgt der Leinenkontakt auch eine Verletzungsgefahr für den Zwei- sowie Vierbeiner. Durch das Wirrwarr kann es passieren, dass sich die Leine um die Beine schlingt, einschneidet oder zu Schmerzen führt. Der Hund könnte schnappen. Er verknüpft die negative Begegnung mit dem Fremdhund. Die Hundehalter selbst könnten stolpern bzw. sogar fallen.

5. Erwartungshaltung

Der Hund darf zu jedem Artgenossen -Hallo sagen- und nun hat man eine sog. Erwartungshaltung geschaffen, d. h. bei Sichtung eines fremden Vierbeiners zieht der Hund bei jeder Begegnung in diese Richtung und lässt sich kaum bändigen. Die Aufregung steigt und man ist für seinen Hund nur noch nebensächlich, er regelt die Situationen selbstverständlich zukünftig selbst.

6. Leinenaggression

Wie oben bereits kurz erwähnt, kann eine Leinenaggression bei den Hunden entstehen, die immer „angegriffen, ungestüm begrüßt werden“.

Vergleich: Man läuft durch die Innenstadt, schaut gerade entspannt die Schaufenster und von hinten kommt eine unbekannte Person angerannt, springt einen in den Rücken.

Wie würde man sich als Mensch fühlen, mit Sicherheit würde man nicht mit Freude reagieren, sondern dem Gegenüber sprichwörtlich an den Hals springen oder die Flucht ergreifen.

Die oben genannten Punkte sprechen nun wirklich nicht für einen Sozialkontakt an der Leine, vor allem wenn sich die Vierbeiner nicht kennen bzw. das gemeinsame Laufen an der Leine nicht gewohnt sind.

Weiterhin gibt es auch andere Gründe, warum ein Sozialkontakt nicht erwünscht oder möglich ist. Der andere Hund hat Angst, ist läufig, krank, hat eine Verletzung/Operation oder möchte keinen Kontakt…

Daher gilt:

Ist der Vierbeiner dafür bekannt, dass er nicht hört, eine Leine hilft. Geht er gerne mal alleine spazieren oder erkundet die Nachbarschaft, ist für eine ausreichende Sicherung des Gartens zu achten. Kann man seinen Hund nicht halten, sollte man eine Führleine verwenden und keine Flexi-Leine, vor allem wenn der Hund über 25 kg wiegt usw.

Warum schreibe ich diese Zeilen?

Leider höre ich als Trainerin öfters, dass der Hund von anderen angegriffen wurde und nun verständlicherweise leinenaggressiv ist bzw. die Flucht ergreifen möchte. Auch gibt es Hunde, die allgemein sehr unsicher sind. Die betreffenden Hundehalter suchen sich professionelle Hilfe, wenden sehr viel Zeit/Geld für Training auf, damit der Liebling (wieder) Vertrauen zu seinem Menschen aufbaut und man irgendwann entspannt spazieren gehen kann, obwohl sie nicht Schuld an dem unerwünschten Verhalten sind. Rücksichtslose bzw. unbelehrbare Hundehalter machen den Erfolg mit solchen Aktionen leider schnell wieder kaputt.

Das finde ich persönlich unfair und respektlos!

Es geht teilweise sogar soweit, dass Hundehalter, vor dem nächsten Spaziergang Ängste haben, weil evtl. wieder ein freilaufender Hund um die Ecke kommt und das darf nicht sein!

Sozialkontakt ist wichtig, aber dieser sollte abgesprochen werden, bei Neukontakt auf neutralem Boden stattfinden. Die Körpersprache eines Hundes lesen zu können gehört ebenfalls dazu, um bei kippender Stimmung rechtzeitig eingreifen zu können.

Kennen sich die Fellnasen und sind entspannt, so steht natürlich einem gemeinsamen Spaziergang an der Leine nichts im Wege.

Liebe Grüße

Franzi