Ich will einen Hund!

Die kommenden Zeilen zu veröffentlichen ist mir absolut nicht leicht gefallen, lange habe ich darüber nachgedacht, mit Familie/Freunden und Bekannten gesprochen, ob ja oder nein. Doch es ist an der Zeit, vor allem aus gegebenem Anlass, zum Nachdenken anzuregen und zu sensibilisieren. Mit diesem Beitrag möchte ich niemanden verurteilen oder gar verletzen. Vielen ist allerdings überhaupt nicht bewusst, was es heißt einen Hund zu adoptieren/zu erwerben. Hier sind auch die Züchter/Tierheime/Tierschutzorganisationen gefragt, aufzuklären. Leider wird in vielen Fällen suggeriert, das wird schon, wenn die Fellnase erst einmal Zuhause ist, die ersten Startschwierigkeiten überwunden wurden und sich eingelebt hat, dann läuft es wie am Schnürrchen.

NEIN – das tut es eben nicht (immer)!

Viele sprechen mich an: „Es muss toll sein, mit Tieren zu arbeiten?“ oder „Ach, so einen Job hätte ich auch gerne.“

Aber der Beruf hat auch seine Schattenseiten, diese man mit nach Hause nimmt und einen tage- und nächtelang verfolgen, weil man weiß, dass diese Probleme oft nicht bestehen würden, wären die Hunde bei der „richtigen“ Person/Familie.

Durch unbedachte Anschaffung leiden Menschen und Tiere gleichermaßen, obwohl dies nicht sein müsste, hätte man sich vorher vernünftig Gedanken gemacht und sich beraten lassen. So kommt es vor, dass ich mit Aussagen konfrontiert werde, wie beispielsweise: „Entweder sie/du bekommen/bekommst das hin oder der Hund muss ins Heim!“…

Australian Shepherds (Hütehund) werden des Aussehens wegen (tolle Augen und Fell) dem Kind zum Geburtstag geschenkt, denn die 5jährige Tochter wollte schon immer einen Hund…Da man wenig Zeit für die Tochter hat, geht man ihrem Wunsch aufgrund vorhandenen schlechten Gewissens sofort nach. Aber wer kümmert sich um die Erziehung der Fellnase? Hm … Er wird sich selbst überlassen und fristet in einer 3-Zimmer-Wohnung ohne Garten sein trauriges Dasein. Zerstört die Lieblingsschuhe der Mutter, den Fernsehsessel des Vaters, pinkelt ins Bett der Tochter und zwickt allen ständig in die Füße (artgerechte Beschäftigung/Auslastung und Erziehung – Fehlanzeige), kommt kaum zur Ruhe, da er wartet, bis seine Menschenfreunde endlich wieder zurück kommen. Darüber hinaus erbricht er häufig und hat Durchfall, so dass die Nachtruhe ebenfalls gestört ist…

Labrador Retriever (Jagdhund) gelten als die besten Familienhunde, kinderlieb, immer gut gelaunt, verträglich mit jedem Menschen und Artgenossen, ist zudem äußerst schlau. Klingt gut, oder? Also spricht nichts dagegen, man durchforstet das Internet und der erst Beste wird vom Züchter abgeholt. Zuhause angekommen Freude, Freude, Freude … man hat zwei Wochen Urlaub genommen und danach…klingelt meist mein Telefon: „Der Hund ist nicht stubenrein, kann überhaupt nicht alleine bleiben, winselt, bellt und fiept, nagt alles an, wälzt sich in jeder Sch…. und jedem Dreck, zieht an der Leine wie ein Irrer, klaut das Essen vom Tisch, zwickt und bringt die Kinder beim Spielen zu Fall, sodass sie weinen und den Hund nun nicht mehr möchten. „Bitte helfen Sie, aber schnell, denn ab nächster Woche sind wir alle nicht Zuhause (berufstätig und die Kinder im Kindergarten/Schule), bis dahin muss das funktionieren!“

Ich habe selbst eine Labradorhündin. Wie würde ich Molly beschreiben: Distanzlos, grobmotorisch (Elefant im Porzellanladen), körpersprachlich ein Fiasko, überschwängliche Liebe gegenüber allen Menschen/Artgenossen/Tieren – Hundeküsse werden immer und überall verteilt (sogar beim Tierarzt), sie liebt die Natur, Wasser und vor allem jedes Dreckloch und bleibt überhaupt nicht gern allein.

Hätte ich meine Eltern nicht, die mich tagtäglich unterstützen, hätte ich KEINEN Hund! An dieser Stelle geht an sie ein großes DANKE raus.

Kangal (Herdenschutzhund): Ursprünglich gezüchtet, um eine Herde (wie z. B. Schafe) zu schützen, wurde aus dem Tierheim adoptiert, „weil er etwas ausstrahlt“. Oh ja, zum späteren Zeitpunkt, wenn man ihn nicht artgerecht hält und erzieht, strahlt er bestimmt was aus, nämlich vor allem, dass er es nicht leiden kann, wenn man sich seiner Familie nähert. „Aber ich wollte ihn doch überall mit hinnehmen, mit fremden Menschen kann er aber so gar nicht, ihn zu halten wenn mir diese entgegenkommen, ist mir unmöglich, daher gehe ich kaum mehr raus.“

Yorkshire Terrier (Jagdhund): Meist werden diese von älteren alleinstehenden Damen adoptiert, da sie so klein und niedlich sind. Allerdings sollte man die quirligen und intelligenten Fellnasen nicht unterschätzen, ursprünglich wurden sie zur Jagd eingesetzt, daher kommt es nicht selten vor, dass sie gerne Katzen jagen, an der Leine ziehen und jeden Artgenossen ankläffen, denn sie neigen darüber hinaus gerne zur Selbstüberschätzung. Auch sie müssen erzogen und ausgelastet werden, ein kurzer Rundgang mit dem Morgenmantel um den Block ist absolut nicht ausreichend. – Verhaltensauffälligkeiten sind vorprogrammiert. „Ich habe gedacht, ich gebe einem Tierschutzhund ein schönes Zuhause, so sind wir beide nicht allein. Aber er mag mich einfach nicht.“

An mancher Stelle von mir etwas überspitzt dargestellt und teils muss man vielleicht als Außenstehender auch schmunzeln. Erlebt man dies aber live vor Ort, hat man des öfteren einen Kloß im Hals und muss die Tränen in den Augen wegwischen.

Besonderheit Tierschutz- und Auslandshunde:

Allerdings gibt es auch hier schwarze Schafe, wie überall.

So wird den künftigen Halter:innen vieles verschwiegen bzw. nicht klar kommuniziert, Verhaltensauffälligkeiten klein geredet (teilweise werden sie von den Tieren auch nicht gezeigt, da sie so eingeschüchtert/verängstigt sind) und man lässt Mensch und Tier in ihr Unglück stürzen.

Viele Besitzer meinen, wenn sie so einen Hund bei sich aufnehmen, werden sie von Liebe und Dankbarkeit seitens der Tiere überhäuft. Dem ist sehr oft nicht so, denn versetzt man sich in die Hunde, hatten diese keinen Menschenkontakt, lebten auf der Straße und mussten dort ums Überleben kämpfen etc. Ein Zuhause mit kuscheligen Decken/Betten, jederzeit Futter/Wasser, Liebe/Zuneigung & Streicheleinheiten, Autofahren uvm. ist ihnen nicht bekannt. Und was einem nicht bekannt ist, ängstigt einen.

Dann kommen sie zu völlig überforderten Halter:innen und das Kuddelmuddel ist perfekt.

Häufig werden diese Hunde auch noch frühzeitig kastriert, was Aggression und Ängstlichkeit verstärken kann oder im Vertrag wird festgehalten, dass dies sofort nach Einzug geschehen muss – tierschutzrechtlich mehr als fragwürdig!

Wir als Hundetrainer/Tierpsychologen können zwar vieles bewirken, allerdings nur in Zusammenarbeit mit den Halter:innen, aber wir können die Sozialisierung nicht nachholen sowie die Vergangenheit und/oder schrecklichen Erlebnisse ungeschehen werden lassen. Daher ist ein Tierschutzhund meist eine große Überraschungsbox, der Sachverstand, jede Menge Geduld und Zeit benötigt, um in seiner neuen Welt ankommen und gut leben zu können.

Ein Hund ist kein Kleidungsstück, welches man kaufen und sollte es nicht passen jederzeit umtauschen kann. Wir als Menschen treffen die Entscheidung, den Hund bei uns aufzunehmen, ihm ein Zuhause zu geben. Daher ist es unsere Pflicht, uns klar zu werden, ob wir in schönen wie auch in schwierigen Zeiten (z. B. Verhaltensauffälligkeiten, Krankheit…) mit ihm bis zu seinem Tod leben möchten.

Der der es ausbaden muss, ist der Hund, denn er hat sich nicht für den Menschen entschieden. Der Mensch dagegen schon!!!

Ich hoffe Du hast meinen Beitrag bis zu Ende gelesen und trägst ihn in die Welt. Teile ihn gerne, damit mehr Menschen für die Haltung von Hunden/Tieren sensibilisiert werden. Denn nicht nur Hunde, sondern auch andere Tiere (Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen, Vögel…) haben es verdient, dass man sie als Lebewesen mit Gefühlen wahrnimmt und nicht nur als Zeitvertreib, wenn man Lust darauf hat.

Liebe Grüße