Hundehalter von Junghunden berichten mir, dass ihr Liebling über Nacht zum „Gremlin“ geworden sei, Signale vergessen bzw. ignoriert werden, er bei Kleinigkeiten „austickt“, wieder zum Schnappen bzw. Springen neigt uvm.
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH, der Vierbeiner befindet sich höchstwahrscheinlich in der
PUBERTÄT/ADOLESZENZ!

Und ja, auch ich kann ein Lied davon singen. Molly hat zwar die „Sau“ bereits im Welpenalter raus gelassen und ist mittlerweile eine sehr ruhige ausgeglichene Hündin, dennoch kommen in der Junghundeentwicklung die „berühmt berüchtigten 5 Minuten“ auch bei ihr manchmal noch zum Vorschein. Einige meiner damaligen Follower auf Instagram (Konto habe ich seit der Selbstständigkeit leider aus Zeitgründen aufgeben müssen) werden sich an meinen persönlichen, sehr emotionalen Beitrag „Welpenblues“ vielleicht noch erinnern können. Auch ich war an manchen Tagen am Verzweifeln, daher kann ich mich in Euch hineinversetzen und mitfühlen. Seid Euch gewiss, Ihr seid nicht allein. Leider wird nur selten darüber offen gesprochen.
Zurück zur Pubertät (mit der Geschlechtsreife abgeschlossen) / Adoleszenz (diese schließt sich nahtlos an die Pubertät an – Junghundentwicklung):
Es ist völlig normal, dass unsere Hunde in der Zeit nach der Geschlechtsreife, meist zwischen dem 6. und 24. Lebensmonat, nun ja phasenweise etwas „anders“ sind. Es gibt auch die sog. Spätentwickler, meist große Hunderassen, da kann die Entwicklung auch bis zum 3. Lebensjahr andauern.
An dieser Stelle möchte ich ganz kurz auf die Kastration eingehen, diese wird -wie oft von Kunden berichtet-, viel zu früh durchgeführt. Haltern wird häufig dazu geraten, sobald der Vierbeiner etwas schwierig in der Erziehung wird. Manchmal liegt nicht einmal ein medizinisch notwendiger Grund vor, welcher zwingend erforderlich ist (Tierschutzgesetz). Es kann zudem passieren, dass früh kastrierte Hunde nie richtig erwachsen und/oder sogar ängstlicher/aggressiver werden.
Unsere Hunde wachsen geschlechterspezifisch heran, also Hündinnen haben die Nase vorn und entwickeln sich schneller als ihre männlichen Artgenossen. Der Prozess von der Welpenzeit, zur Pubertät, Adoleszenz ist fließend.
An diesen Anzeichen u. a. könnt Ihr die Junghundeentwicklung erkennen:
- deutlicheres Markierverhalten – Urin von Artgenossen wird evtl. aufgeschleckt
- Ressourcenverteidigung (Futter, Spielzeug etc.)
- die Umwelt wird erkundet, die Ohren sind oftmals auf Durchzug gestellt, der Folgetrieb ist nicht mehr ausgeprägt vorhanden, Hund entfernt sich mehr vom Halter
- impulsive Reaktionen – Übersprungshandlungen werden öfter und deutlicher gezeigt (z. B. Leine beißen, Löcher buddeln…)
- ausgeprägte Berührungsempfindlichkeit (z. B. das Hundegeschirr/Halsband wird nicht mehr gerne angezogen – die Körperoberfläche des Hundes ist sensibler)
- bekannte Signale können u. U. nicht mehr abgerufen werden – Lernen wird allgemein schwieriger, Konzentration sinkt
- plötzliche Ängstlichkeit vor bereits bekannten Dingen
- uvm.
Aber warum ist das so?
Im Hundehirn finden wahnsinnig viele Prozesse statt, einherkommend mit zahlreichen Veränderungen. Der Vierbeiner reagiert u. U. ängstlicher/aggressiver auf seine Umwelt, also es wird emotional. Auch können sich Trennungsangst und eine größere Geräuschempfindlichkeit einstellen. Die Cortisolwerte (Cortisol = Stresshormon) steigen ebenfalls in die Höhe, anhand dieses Umstands kann man die Anfälligkeit für Stress bei unseren Hunden erklären. Der Rückruf funktioniert oftmals auch nicht mehr, dies wird durch das sog. Dopamin ausgelöst, welches die Neugier unserer Fellnasen anheizt. Es kann in dieser Zeit auch verstärkt zum Jagdverhalten kommen.
Diese Junghundenentwicklung ist für unsere Vierbeiner essenziell, denn es werden nicht gebrauchte Synapsen (diese verbinden Nervenzellen und sind zur Signalübertragung und Speicherung von Infos vorhanden) aussortiert, kurz: sie sterben ab. Auch die Nervenfasern werden größer und mit einer Schutzhülle ummantelt, die Steuerzentrale wird sozusagen ausgebaut und die Leitung funktioniert schneller und effektiver. Das Gehirn entwickelt sich sozusagen vom Kleinwagen zum SUV.
In dieser anstrengenden Zeit (für Mensch und Hund gleichermaßen) ist es wichtig, Routinen in den Alltag zu bringen, als Vertrauter dem Hund bei angstauslösenden Ereignissen zur Seite zu stehen, Entspannungsübungen durchzuführen, Bekanntes mit positiver Verstärkung immer wieder aufzufrischen/zu üben und den Vierbeiner einfach auch einmal Hund sein zu lassen…
Durchhalten und durchschnaufen sowie über das teils „unverständliche“ Verhalten lachen und sich mit dem Pfotenfreund gemeinsam freuen. Ggf. mit anderen Hundehaltern austauschen, so fühlt man sich weniger allein.
Glaubt mir: Diese schwierige Zeit geht schneller vorüber als uns lieb ist.
Schöne Woche!
Eure Franzi